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Wie Sentiment-Indikatoren die Anlageentscheidung beeinflussen

Juli 1, 2020

PEH Wertpapier AG

Wie Sentiment-Indikatoren die Anlageentscheidung beeinflussen

Der Faktor Mensch investiert immer mit – effiziente Märkte sind so schwer zu bespielen. Doch die Investmentbranche hat aus der Not eine Tugend gemacht und misst das Sentiment mit verschiedensten Analysen. Welche Arten von Indikatoren es gibt, wie sie wirken und wie sie gewinnbringend eingesetzt werden können.

Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen. Wer an der Börse sein (Un-)Wesen treibt, hat diesen Spruch wahrscheinlich schon zur Genüge gehört. Gesagt hat ihn der Frankfurter Bankier Carl Mayer von Rothschild schon Anfang des 19. Jahrhunderts – wie er die Kanonen und Violinen an der Börse gehört hat, hat er aber nicht überliefert.

Warum der Faktor Mensch die Börse beeinflusst

Über 200 Jahre später wäre Herr von Rothschild wahrscheinlich auch ein Anhänger der Sentiment-Analyse. Unzählige Indikatoren haben sich inzwischen an den Börsen breit gemacht, um die Gefühlslagen von Investoren und der gesamten Wirtschaft zu messen – und um die Kanonen und Violinen hörbar zu machen. Dass die überhaupt bei der Anlageentscheidung eine Rolle spielen, liegt auch an der Behavioral Finance. Dieses Teilgebiet der Wissenschaft kritisiert die Effizienz der Kapitalmärkte und nennt dafür den Fehler Mensch.

Bei einer umfassenden Kapitalmarktanalyse gehören also auch die Gefühle und Stimmungen der Anleger zwingend dazu, da sie die Investmententscheidungen nachweislich beeinflussen. Das Werkzeug für die Messung der Gefühlslagen sind die Sentiment-Indikatoren. Das Verständnis der Gefühle mittels Sentiment-Indikatoren könne einen großen Einfluss auf Interaktionen, Richtlinien und Entscheidungsfindung haben, schreiben etwa griechische Wissenschaftler in einer Studie für die Europäische Kommission.

Welche Sentiment-Indikatoren gibt es?

Die klassischste und wahrscheinlich bekannteste Art der Sentiment-Analyse ist recht technisch: die Put-Call-Ratio. Bei ihr wird einfach das Verhältnis von gehandelten Verkaufsoptionen und Kaufoptionen gemessen. Überwiegen etwa die Verkäufe beim DAX, sind der Logik nach die Anleger eher bearish gegenüber dem deutschen Leitindex eingestellt. Andere technische Indikatoren sind Vola-Werte oder der MACD-Indikator. Da diese recht datengetriebene Aufdeckung der Anlegergefühle vielen Investoren nicht mehr reicht, haben sich in ihrem Schatten noch ganz andere Indikatoren entwickelt.

Bewährt haben sich deshalb auch explizite Stimmungsumfragen, wie der in den USA populäre Sentix-Index. Die Fülle der Informationen ist noch deutlich größer als bei der Put-Call-Ratio, bis zu 400 verschiedene Indizes werden alleine aus der Sentix-Umfrage gewonnen. Im Gegensatz zu expliziten Umfragen verbergen sich auch in vielen anderen Quellen implizite Hinweise auf das Sentiment der Anleger. Deswegen gäbe es inzwischen auch immer mehr Analysen von impliziten Quellen, erklären die griechischen Wissenschaftler: „In den letzten Jahren wurde viel an der Verwendung von Textressourcen aus dem Internet wie Finanznachrichtenartikeln, Online-Rezensionen, Blogs, Twitter und ähnlichen gearbeitet, um den Aktienmarkt sowie die interessanten finanziellen und wirtschaftlichen Variablen vorherzusagen.“

Wie die Indikatoren wirken

Die Flut an Informationen bietet also auch eine Menge Möglichkeiten. Aber nicht alle sollten immer genutzt werden. Stattdessen müssen zur sinnvollen Nutzung Abstriche gemacht und einige Indikatoren vernachlässigt werden. Der Sentiment-Experte Stephan Heibel hat in Deutschland seinen eigenen Indikator animusX etabliert und überprüfte die Wirkungsweise der Indikatoren gemeinsam mit Studierenden einzeln und manuell: „Bei der Funktionsweise der verschiedenen Indikatoren in verschiedenen Marktphasen gibt es einige Unterschiede, die dann berücksichtigt werden können.“

Schließlich ist auch die Wirksamkeit von einzelnen Sentiment-Indikatoren sonst schwer zu messen. Dass institutionelle Investoren die Indikatoren trotzdem und vielleicht auch gerade deswegen häufig und gerne benutzen, haben Studien bereits aufgezeigt.

Wie sie eingesetzt werden können

In der Praxis wollen viele Asset-Manager bewusst den nicht-rationalen Faktor Mensch berücksichtigen, die von Heibel angesprochenen Unterschiede bei den Indikatoren nehmen aber nicht alle wahr. Dass das aber durchaus möglich ist, wird etwa am Beispiel des Mischfonds PEH EMPIRE des Vermögensverwalters PEH Wertpaper AG deutlich. Neben Makro- und Value-Analysen landen deswegen auch Stimmungs-, Markt- und Frühindikatoren im Investmentprozess. Die einzelnen Indikatoren werden dann nach Marktphase gewichtet, erklärt PEH-Fondsmanager und -Vorstandsvorsitzender Martin Stürner: „Unser System bewertet täglich alle Sentiment-Indikatoren, die es gibt. Wir haben dabei keine Präferenzen, sondern bewerten jeden Tag, welcher Indikator das beste Hitratio in unterschiedlichen Zeiträumen erzielt hat.“

Aus der Masse der Indikatoren werden so die aussagekräftigsten herausgefiltert und mit einem speziellen Score versehen. Dieser Score wird dabei individuell für jede Aktienposition berechnet, da nicht jeder Sentiment-Indikator bei jeder Aktie das gleich gute Hitratio besitzt. Verändert es sich dann wieder, ändert das auch die Bewertung der Aktien, erklärt Stürner: „Sollte ein Indikator schwächeln, dann wird der Score schlechter und gegen einen besseren ausgetauscht.“ Am Ende wird so die dominante Marktstimmung deutlich – und ein situationsgerechtes Investment erst möglich. Der Unterschied von Kanonen und Violinen wird dabei ganz klar deutlich. Carl Mayer von Rothschild hätte seine Freude gehabt.

 

Quelle: CAPinside