Fondslenker: “Strategie kann man gut mit Robert Lewandowski erklären”
PEH-Vorstandschef Martin Stürner im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE über die Gründe, warum der PEH Empire die Auswirkungen der Corona-Krise vergleichsweise gut überstanden hat.
Martin Stürner, PEH: “Ich habe in 35 Jahren Portfoliomanagement auch noch nie erlebt, dass ein Crash mitten vom Allzeithoch erfolgte.”
Die PEH Gruppe verwaltet ein Vermögen von rund zehn Milliarden Euro. Die Gesellschaft mit Hauptsitz Frankfurt managt neben individuellen Kundendepots auch vier Fonds, darunter den rund 100 Millionen Euro schweren PEH Empire. Verantwortlich für das gemischte Portfolio ist der PEH-Vorstandsvorsitzende Martin Stürner. Der Wertpapierexperte führt den Vermögensverwalter seit 1995. Im Interview mit FONDS professionell ONLINE erklärt er, warum der Fonds den Corona-Kollaps relativ gut überstanden hat.
Herr Stürner, der von ihnen gemanagte Mischfonds PEH Empire ist vergleichsweise glimpflich durch die Marktturbulenzen im Zuge der Corona-Krise gekommen. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Martin Stürner: Unser systembasierter Investmentansatz basiert auf einem Bündel von Indikatoren, das verbunden mit der raschen Absicherung von Aktien dafür gesorgt hat, dass der PEH Empire im Februar zwar knapp sechs Prozent verlor, seit Jahresbeginn gerechnet aber leicht im Plus liegt. Die Daten, die wir nutzen, sind frei zugänglich, sodass wir kein ‘Geheimnis’ haben.
Was machen Sie genau?
Stürner: Das System schaut auf drei Indikatorenbereiche. Das sind zunächst Mikro-Daten, also Informationen wie Quartalsberichte oder Bewertungen eines Unternehmens. Dann kommen Makro-Daten hinzu, die sich auf die volkswirtschaftliche Entwicklung beziehen, und schließlich noch das Sentiment. Darunter fassen wir etwa Marktmeinungen zu bestimmten Werten zusammen. Ganz wichtig ist, dass es für diese Daten-Trio keine festen Grenzen bei der Gewichtung gibt: So bestimmen beispielsweise Makro-Indikatoren nicht fix 40 Prozent der Portfolio-Allokation. Jeder der drei Indikatoren ist gleichberechtigt relevant. Die Relevanz der jeweiligen Indikatoren hängt vielmehr von ihrer tatsächlichen Aussagekraft in der konkreten Marktphase ab. Abhängig von den jeweiligen Signalen und verbunden mit einem rigorosen Risikomanagement entscheiden wir dann über das konkrete Vorgehen und damit über die genaue Aktienquote.
Haben Sie dafür ein Beispiel?
Stürner: Sicherlich. Wenn sich etwa die volkswirtschaftlichen Daten verschlechtern, würden wir die Allokation in solchen Aktien erhöhen, die sich nicht zyklisch und abhängig von der allgemeinen Wirtschaftslage entwickeln. Oder ein anderes Beispiel: Im Herbst 2018 signalisierten die Mikro- und die Makro-Indikatoren, dass Probleme im Verzug waren. Auf der Sentiment-Seite war zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sehen. In dem Fall haben wir dann schrittweise Aktien per Put-Optionen abgesichert und die Aktienquote damit runtergefahren. Unsere Strategie kann man gut mit Robert Lewandowski erklären.
Dem Stürmer vom FC Bayern München?
Stürner: Genau. Nehmen wir mal an, dass Lewandowski nicht mehr richtig trifft, er ist ja auch schon 30 Jahre alt. Dann würden wir ihn trotz seiner hohen Torquoten in der Vergangenheit nicht stur auf den Platz stellen. Aber der Trainer muss ihn auch nicht vollständig aus dem Kader streichen, er kann einfach seine Einsatzzeiten reduzieren, beispielsweise nur über eine Halbzeit. Gleiches gilt für Aktien, die man mit Put-Optionen schrittweise absichern kann, also nur Optionen auf die Hälfte der im Portfolio gehaltenen Werte.
Was haben Indikatoren denn vor dem Corona-Kollaps angezeigt?
Stürner: Ich muss eingestehen: Wir wurden total überrascht. Noch am Tag vor dem Crash waren die Signale für Mikro und für Makro noch auf grün. Ich habe in 35 Jahren Portfoliomanagement auch noch nie erlebt, dass ein Crash mitten vom Allzeithoch erfolgte. Wir haben dann sofort die Aktienquote heruntergefahren und Options-Absicherungen eingezogen. Da der Bereich Sentiment aber keine negativen Signale aussandte, haben wir die Aktienquote nur auf 28 Prozent reduziert. Das führte zu dem Verlust im Februar. Der fiel zum Glück ganz deutlich niedriger aus als der Crash am Gesamtmarkt.
Wie haben Ihre Anleger reagiert?
Stürner: Sehr besonnen. Wir hatten Mittelzuflüsse, mittlerweile hat der Fonds einen neuen Volumen-Höchststand erreicht.
Was sagt Ihr Modell für die nähere Zukunft vorher?
Stürner: Das Sentiment ist bullish. Auf Einzelwert-Ebene heruntergebrochen sieht es nach den aktuellen Berichten so aus, dass etwa US-Banken echte Probleme haben. Positives gab es aber aus dem Pharma-Bereich, so waren die jüngsten Zahlen für Johnson & Johnson sogar besser als erwartet. Und die Aussichten für alle Technologiewerte sind grundsätzlich positiv, etwa für Amazon, das im Fonds derzeit mit rund zehn Prozent gewichtet ist. Dagegen zeichnen die volkswirtschaftlichen Daten ein verheerendes Bild.
Was unternehmen Sie aktuell?
Stürner: Wir nehmen immer weiter die Absicherungen heraus und fahren die Aktienquote mit ausgewählten Titeln hoch.
Wir danken für das Gespräch. (jb)